TWINGI 25
Kunst in der Twingischlucht
Die historische Strasse durch die Twingischlucht gilt als Baudenkmal von nationaler Bedeutung. Seit 2007 ist die Twingi auch ein Ort der Kunst. Diesen Sommer bringt die 19. Ausgabe der TWINGI (ehemals TWINGI LAND ART) wieder zeitgenössische Kunst ins Binntal. Die TWINGI 25 wurde am 15. Juni eröffnet und dauert bis zum 19. Oktober. Zwölf Kunstschaffende bzw. Künstlerkollektive haben sich mit der einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft des Binntals auseinandergesetzt und zeigen entlang des beliebten Wanderwegs zwischen Steinmatten und dem Weiler Ze Binne Skulpturen und Installationen, die in einen Dialog mit der Landschaft treten.
Die Ausstellung kann auf einer einfachen rund einstündigen Wanderung zwischen den Postauto-Haltestellen Steinmatten und dem Weiler Ze Binne (Haltestelle Langthal) besucht werden. Einkehrmöglichkeiten gibt es beim Stausee Ze Binne und im Dorf Binn. Die Ausstellung ist frei zugänglich und kostenlos. Der Ausstellungsführer ist in den Tourismusbüros Ernen und Binn, sowie an den beiden Startpunkten der Ausstellung erhältlich.
L’heure bleue – Mich Gerber bespielt die blaue Stunde in der Twingischlucht
19. September 2025, 19.30 Uhr, beim Stausee Ze Binne
Solokonzert auf dem Kontrabass
Infos und Anmeldung
Ausstellungsbooklet der TWINGI 25
Die Ausstellungsbooklets der Jahre 2018 bis 2024 geben einen Einblick in die vergangenen Ausstellungen.

© Matthias Luggen
Collectif aplusse, La Chaux-de-Fonds
Die Künstlerin Jessie Schaer und der Bühnenbildner und Social-Clown Max Havlicek haben 2024 das Kollektiv aplusse gegründet, um gemeinsam innovative und engagierte Projekte zu realisieren. In der TWINGI 25 thematisieren sie mit einem Augenzwinkern unser grosses Bedürfnis nach Kontrolle.
/KA.ME.RA/
Das Künstlerduo «collectif aplusse» installiert in der Twingischlucht Kameras – stille, diskrete und doch vertraute Präsenzen. Wer oder was wird hier gefilmt? Ist es eine drohende Naturgefahr, die überwacht, oder das Verhalten der Wanderer, das kontrolliert werden muss? An einer Felswand und im Tunneleingang versammelt, wirken die Kameras seltsam deplatziert und nutzlos. Sie beobachten sich gegenseitig und hinterfragen auf ironische Weise ihren Daseinszweck sowie unser Bedürfnis, alles Lebendige zu überwachen.

© Matthias Luggen
Lisa Collomb, Chur
Lisa Collomb ist in Nordirland geboren. Sie lebt und arbeitet in Chur. In der TWINGI 25 geht sie der Frage nach, wie wir Landschaft wahrnehmen.
Upside Down, Inside Out
Eine Camera obscura übertr.gt ein Abbild der Landschaft ins Innere des Bergs. Durch ein Loch gelangt das Licht in den Trichter und auf einen Bildschirm, wo es ein seitenverkehrtes und auf den Kopf gestelltes Bild erzeugt. Das zweite Fenster des Tunnels gibt einen scheinbar unverfälschten Blick auf die gleiche Landschaft frei. Scheinbar – denn auch unser Auge erzeugt auf der Netzhaut ein verkehrtes Bild, das vom Hirn korrigiert wird. Die Installation regt zur Reflexion über wahr und falsch an und wirft die Frage auf, inwiefern medial vermittelte Bilder unsere Beziehung zur natürlichen Welt beeinflussen.

© Matthias Luggen
Gaël Epiney, Lausanne
Gael Epiney ist fasziniert von der Bergwelt, ihrer natürlichen Vielfalt und den kulturellen Traditionen ihrer Bewohner*innen. Seine Kindheit im Wallis wie auch seine Reisen nach Asien prägen sein künstlerisches Schaffen.
Altar
Die Skulptur «Altar» ist eine Mischung aus abstrakten und farbigen Formen, deren Anordnung an verschiedene Traditionen erinnert, die mit der Gestaltung kleiner religiöser Altäre verbunden sind. Sie ist sowohl von volkstümlichen Praktiken im Wallis als auch von lokalen Traditionen inspiriert, die Gaël Epiney auf seinen Reisen nach Asien, insbesondere nach Tibet, entdeckt hat. Die Arbeit basiert auf einer Reihe von Zeichnungen, die der Künstler in Volumen umsetzen wollte. Die Skulptur unterstreicht seine Wurzeln und die vielfältigen kulturellen Einflüsse, die seine Kreativität nähren.

© Matthias Luggen
Rebekka Friedli & Fancisca Ribeiro, Bern / Lissabon
Die Berner Künstlerin Rebekka Friedli ist nach 2020 bereits zum zweiten Mal in der TWINGI zu Gast, diesmal zusammen mit der portugiesischen Künstlerin Francisca Ribeiro. Die Arbeit der beiden Künstlerinnen zeichnet sich dadurch aus, dass sie erst in den Abendstunden ihre volle Wirkung entfaltet.
Cast a Shadow
Die phosphoreszierende Eigenschaft von Mineralien inspirierte zu dieser Installation. Eine dreidimensionale Form wurde fotografiert, gedruckt und wie eine zweite Haut auf den Felsen gelegt. Es entsteht die Illusion einer Vertiefung, in der ein Scheelit – ein seltenes Mineral mit leuchtenden Eigenschaften – verborgen liegt. Seine kristalline Struktur wurde mit Pigmenten nachgezeichnet, die auf natürliche Weise in der Dämmerung oder wenn ein Schatten auf die Oberfläche fällt, sichtbar werden. In diesen Momenten wird die Installation zu einer poetischen Reflexion dessen, was vorhanden und doch verborgen ist.

© Matthias Luggen
Beate Frommelt & Carla Hohmeister, Zürich
Beate Frommelt und Carla Hohmeister beschäftigen sich mit der Bedeutung der Mobilität für abgelegene Bergdörfer wie Binn und hinterfragen gleichzeitig die Grenzen zwischen Trugbild, Abbild und Realität.
z’Tünnel
Das Binntal spielte über die Jahrhunderte als Transitregion eine wichtige Rolle. Doch erst der 1965 fertiggestellte Strassentunnel sorgte für eine ganzjährige Erreichbarkeit des Dorfes Binn. Vorher war die Zufahrtsstrasse im Winter oft wochenlang gesperrt. Diese textile Arbeit basiert auf einer fotografischen Aufnahme des Tunneleingangs. Es entsteht die Illusion einer Öffnung in die Landschaft, eines Portals, das den Betrachter in eine andere Realitätsebene führt. Von Nahem eine abstrakte Pixelwolke, setzt sich das Bild aus der Ferne zu einer täuschend echten Raumillusion zusammen.

© Matthias Luggen
Marie Lucas, Genève
Die Künstlerin Marie Lucas hat für die TWINGI 25 einen Text geschrieben, in dem ihre Recherchen über das Dorf Binn mit den Erlebnissen der Forscherin Jan Gay aus dem Jahr 1930 verschmelzen.
Les travailleureuses.x.s d’hommage
Die Installation, die aus einem fragilen Gerüst, einer Ansammlung von Objekten und einem Text besteht, beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie wir uns mit anderen verbinden. Während ihren Recherchen über Bergsagen und das Dorf Binn stellte Marie Lucas fest, dass ihre Aufzeichnungen den Erfahrungen der deutsch-amerikanischen Forscherin Jan Gay ähnelten, die das Oberwallis im Jahr 1930 durchwandert hatte. Ihre Installation macht die Kontinuität und die Zerbrechlichkeit der Erinnerung sichtbar und wird zu einer Hommage an die Forscherin.

© Matthias Luggen
Lisa Mark, Bern
Lisa Mark ist zugleich Klang- und bildende Künstlerin. Sie macht die Twingischlucht diesen Sommer als Klanglandschaft erfahrbar.
Silent Roaming
«silent roaming» ist ein akustischer Spaziergang durch die Twingischlucht. An verschiedenen Orten in der Twingischlucht hat die Klangkünstlerin Lisa Mark mit speziellen Mikrofonen Klänge aufgenommen, die gewöhnlich unhörbar oder leicht zu überh.ren sind. Diese hat sie musikalisch zu vier Kompositionen weiterverarbeitet.

© Matthias Luggen
Alexandra Meyer, Basel
Die Künstlerin Alexandra Meyer bringt mit ihren selbstgemachten Seifenobjekten ein ebenso überraschendes wie vergängliches Material in die TWINGI 25.
Savon de la mère
Zwei weisse, eiförmige Seifenobjekte* sind an dünnen, glänzenden Metallhalterungen am Fels befestigt. Sie sind inspiriert von den «Savons rotatifs», die früher in vielen öffentlichen Gebäuden in Frankreich zu finden waren. Alexandra Meyer hat die Seifen auf traditionelle Art und unter Verwendung von Muttermilch und Wasser aus dem Binntal hergestellt. Beides sind essentielle Lebensflüssigkeiten, die zu einer Reflexion über Ursprung, Fürsorge und Lebenszyklen einladen.

© Matthias Luggen
Patrick Perren, Zürich / Lax
Patrick Perren ist in Lax aufgewachsen und arbeitet seit einigen Jahren als freischaffender Künstler in Zürich. In seiner Arbeit setzt er sich kritisch mit dem Verlust von Landschaft durch die zunehmende Überbauung auseinander.
Baugesuch BN371-931
Wohnen mit Aussicht – mitten in der Natur! Wer würde sich das nicht wünschen? Wenn nicht als Wohnsitz, dann vielleicht als Zweitwohnsitz. Die Schweiz wird kontinuierlich zubetoniert auf Kosten von Naturlandschaft. Es wird verdichtet, renoviert, entwickelt und die Rendite optimiert; zuweilen auch grosszügig geplant zugunsten einiger weniger, auch ausserhalb der Bauzone. Mit einem fiktiven Bauprojekt stellt Patrick Perren unser Bedürfnis nach Selbstverwirklichung der kollektiven Verantwortung gegenüber und lädt uns dazu ein, uns am Diskurs über Baukultur und Bauwahn zu beteiligen.

© Matthias Luggen
Anne-Chantal Pitteloud, Sierre
Die Walliser Künstlerin Anne-Chantal Pitteloud ist fasziniert von den Bergen, der Geografie und der Geologie. Die Mineralien des Binntals waren der Ausgangspunkt für ihre Installation in der TWINGI 25.
Les capsules
Anne-Chantal Pitteloud liebt Landkarten und Bergwandern; ihre künstlerische Arbeit ist stark von der Geologie inspiriert. Die Mineralien und Kristallsucher des Binntals waren auch Ausgangspunkt für dieses Projekt. Mit rund fünfzig «echten falschen», im Atelier hergestellten Kristallen vermischt sie Fiktion und Realität. Zur Herstellung der Kristalle verwendete Pitteloud Ton und geschmolzenes Glas, dem sie verschiedene Oxide und Pulver aus im Tal gesammelten Mineralien beimischte. Die daraus geformten Steinkapseln wurden bei 1280 °C gebrannt.

© Matthias Luggen
Anna Katharina Scheidegger, Brienz / Bern / Paris
Die Flora des Binntals hat Anna Katharina Scheidegger zu ihrer Arbeit für die TWINGI 25 inspiriert, in der sie u.a. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Artenvielfalt thematisiert.
Noch ein Sommer
Das Binntal verfügt über eine besonders vielfältige Flora, die es unter anderem der abwechslungsreichen Topografie und den unterschiedlichen Gesteinsarten verdankt. Die aktuellen Klimaveränderungen beeinflussen die Biodiversität. Während manche Pflanzenarten profitieren, sind andere gefährdet. Anna Katharina Scheidegger hat rund hundert fotografische Abbildungen verschwundener oder stark bedrohter Pflanzen der Alpen auf Steine gedruckt und in der Kaverne ausgelegt – wie ein Geheimnis, das entdeckt und ein letztes Mal bewundert werden kann.
We didn’t do it! Crew, Zürich / Berlin / Budapest
Péter Bátory, János Brückner, Máté Fillér, Ottó Szabó und Márton Emil Tóth arbeiten seit 15 Jahren als Künstlergruppe zusammen und stellen gemeinsam aus. In der TWINGI 25 beschäftigen sie sich mit den Verbindungen zwischen Natur und menschlicher Zivilisation, der Regenerationsfähigkeit der Natur sowie der Vergänglichkeit menschlicher Präsenz.
Mudhead
Was bleibt vom Menschlichen, wenn die Natur übernimmt? Im Rahmen ihres Langzeitprojekts MUD (engl. für Schlamm, Matsch) schafft die Künstlergruppe «We didn’t do it! Crew» Köpfe aus Ton und Erde. Diese werden in der Landschaft ausgesetzt, wo sie sich im Lauf der Zeit verändern werden und schliesslich zerfallen. Regen und Sonne werden ihre Oberflächen formen und Pflanzen sie überwachsen oder gar aus ihnen heraus spriessen. Die Skulpturen erzählen vom ständigen Wandel, von der Vergänglichkeit und der stillen Kraft der Natur – ein lebendiger Dialog zwischen Mensch und Umwelt.