Historische Verkehrswege
Das Gebiet des heutigen Landschaftsparks Binntal nahm über die Jahrhunderte hinweg eine wichtige Rolle als Transitregion ein.
Römer und Walser, Jäger, Soldaten, Schmuggler, Partisanen und Kaufleute wählten den Albrunpass als Übergang über die Alpen. Über vierzig Gräber wie auch Streu- und Siedlungsfunde im Binntal zeugen von einer herausragenden Stellung dieses Passes schon in der jüngeren Eisenzeit und in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten.
Zwei Brücken aus dem 16. Jahrhundert erinnern bis heute an die Bedeutung der von Grengiols kommenden so genannten Heer- bzw. Römerstrasse: Die um 1540 erbaute Schärtbrücke kurz vor der Twingischlucht und die elegante Bogenbrücke im Weiler Schmidigehischere mit Baujahr 1564 sind Zeugen eines regen Transitverkehrs bis übers Spätmittelalter hinaus.
Im Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS) wird der Heer- bzw. Römerstrasse, die von Grengiols nach Binn führt, das Prädikat «von nationaler Bedeutung» verliehen. Ebenso verschiedenen Wegabschnitten von Binn bis zum Albrunpass.
Nadelöhr Twingi-Schlucht
1917 verlangte Binn zum ersten Mal eine Fahrstrasse, welche die 1863/64 erbaute Wagenstrasse ersetzten sollte. Realisiert wurde sie erst 13 Jahre nach Beantragung. Mit finanzieller Unterstützung der Nachbargemeinden begannen die Arbeiten an der Strasse von Ernen nach Binn im Jahr 1930. Die ersten zwei Teilstücke führten von Ernen nach Ausserbinn und von dort zum «Twingystein» am Eingang der Twingi-Schlucht. Die Fortsetzung durch die Twingi-Schlucht wurde bis 1932 erstellt. Die Arbeiten am letzten Teilstück bis zum Weiler Schmidigehischere verzögerte sich bis ins Frühjahr 1938. Im selben Jahr fuhr dann auch schon das erste Postauto durch die Twingi nach Binn.
Die Strasse durch die Twingi-Schlucht blieb insbesondere im Winter gefährlich und das Dorf Binn oftmals wochenlang von der Aussenwelt abgeschnitten. Daher wurde in den Jahren 1964/65 die Strasse in den Fels verlegt und zugleich die ganze Strecke von Ernen bis Binn ausgebaut.
Nach dem Tunnelbau wurden die jährlichen Unterhaltsarbeiten an der Twingistrasse eingestellt. Lawinen, Steinschlag, Sturmereignisse und Rutschungen hatten der in den 1930er-Jahren erstellte Twingi-Fahrstrasse zugesetzt. Im Sommer 2010 startete der Landschaftspark Binntal daher mit mehrjährigen Arbeiten zur Sanierung der alten Fahrstrasse. Strassenkörper, die Oberflächenentwässerung, Tombinos (Unterschächte) sowie Trockenmauern und Geländer sind nun wieder instand gestellt.
Die Heerstrasse mit dem Abschnitt durch die Twingi-Schlucht und der Passweg über den Albrun sind nicht die einzigen Wege im Landschaftspark Binntal, die im Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz eingetragen sind. Verschiedene, im ganzen Parkgebiet verteilte Strassenabschnitte kommt dieselbe Ehre zuteil. Von nationaler Bedeutung sind etwa auch Teile des alten von Lax kommenden Saumwegs durch Ernen und Mühlebach oder die alte, über Binnegga und Wengi führende, Strasse von Ernen nach Ausserbinn.